Die Feldpost des Jakob Winkenbach

Foto_Jakob_Winkenbach

Geb. 06.01.1911 - gestorben im Jan. 1946 Saratow, Russland, hinterließ eine kranke Frau und 2 Kinder

Dezember 1941

Liebes Frauchen!
Nun wäre auch das vorbei, Heiligabend in Russland. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie mir und den Millionen Soldaten, die hier die Heimat schützen zu Mute war, daß die Gedanken eines jeden daheim waren als seinem Lieben. Als ich jedoch meine Bescherung sah, war mir wieder wohler ums Herz. Ich fühlte mich gerade wie zu Hause. Am Sonntag kam bereits schon die Weihnachtspost. Da erhielt ich bereits deinen lieben Brief vom 19.11. Die Päckchen wurden erst am Weihnachtsabend ausgegeben, dabei bin ich wirklich nicht zu kurz gekommen. Ich erhielt die Päckchen Nummer 28, 31 und 32, zwei Päckchen von meinen Eltern, je eines von Fam. Kißling (?), Fam. Bartmann und deiner Schwester Käthe. Ich danke dir sowie allen für diese gaben. Nach der Bescherung stieg dann unsere Weihnachtsfeier. Ich sage dir, es war ganz groß. Wir hatten uns einen Saal schön weihnachtlich gestaltet. Hier haben wir für einige Stunden vergessen, daß wir an der Front stehen. Ich hoffe dass auch du nicht gar so traurig warst. Denn wir müssen froh sein, daß wir dieses Fest noch feiern dürfen und daß Gott unser Volk vor einem Zugriff der Bolschewisten bewahrt hat. Wenn wir dann nächstes Jahr wieder beisammen sind, dann ist auch diese Zeit schnell vergessen. Im Frühjahr wird hier bestimmt die Entscheidung fallen. Bis dahin müssen wir unser Wiedersehen noch verschieben. Wir müssen wohl oder übel unser Los tragen. Eines Tages jedoch wird der Zeitpunkt kommen, da wir als stolze Sieger heimkehren zu unserem Leben in eine gesicherte Heimat.
Ich bin sonst noch gesund und munter, was hoffentlich auch bei euch noch der Fall ist. Das Wetter hier ist lange nicht so, wie du dir das vielleicht vorstellst. Vor ein paar Tagen hatten wir sogar noch 5 Grad warm. Jetzt ist es wieder etwas kälter geworden. Geschneit hat es auch, aber noch nicht viel. Im Norden Russlands wird es jedoch anders sein ich will jetzt schließen und sende dir und den Kindern tausend herzliche Weihnachtsgrüße und Küsse.
Dein lieber Mann

Insterburg, 13.7.1944

Liebe Frau!
Deinen lb. Brief vom 2. Juli sowie die Sendung Briefpapier habe ich gestern mit Freude und Dank erhalten. Jetzt kann ich dir ja nicht mehr schreiben, das ist kein Briefpapier habe, denn dies ist nun der dritte Pack und wird bestimmt eine Zeit lang halten. Liebe Gretl! Nun haben wir uns schon lange gefreut, daß wir ins Reich gekommen sind, um endlich in Urlaub zu kommen, Und nun lässt man uns hier sitzen und macht die unmöglichsten Spielereien, und nur die Zeit auszufüllen. Wenn wir hier noch eine wichtige Aufgabe hätten, würde ich nicht sagen. Zum Unglück kam auch noch die Sperre für Zivilreisende, die ich schließlich auch dir noch Noch die Möglichkeit genommen zu kommen. Dann ist der alte noch so schlecht und gibt den Landsern, deren Frauen hier sind, nicht mal eine Stunde dienstfrei. Ich kann dir bloß sagen, wenn die Sache schief geht, werden sie ein blaues Wunder erleben. Es ist ja jetzt bereits an allen Fronten die Krise in eingetragen, und auch wir werden kein halbes ja tatenlos hier liegen bleiben. Bis sich die Lage nun wieder geklärt hat, werden wahrscheinlich einige Wochen vergehen. Dieser Zustand kann ja auch nicht von Dauer sein. Wenn du nun ein Paket schicken willst, kannst Du es privat schicken und zwar postlagernd Hauptpostamt Insterburg (Ostpreußen). Da das Brot, dass wir hier bekommen, sehr schlecht ist, hätte ich mal wieder Lust nach einem guten Kuchen. Was ich noch gerne esse, weißt du ja. In Kaufwaren sind wir hier auch schlecht bestellt. Im übrigen geht es mir noch ganz gut, was ich auch von dir und den Kindern zu wünschen hoffe. Ich will nur schließen in der Hoffnung, von dir bald wieder ein paar lb. Zeilen zu erhalten und wir uns trotz allem bald gesund in der Heimat wieder sehen.
Sei vielmals gegrüßt und geküsst von deinem lb. Mann
Eure lb. Papa
Viele Grüße an alle!

Polen, 23.8.1944

Liebe Mutti,
Da ich gerade wieder im Wachlokal sitze und meine Gedanken sowieso immer bei Euch sind, will ich Euch auch wieder einige Zeilen zukommen lassen. Daheim konnte ich ja jeden Tahe mit Dir reden, und jetzt müssen wieder die Briefe genügen. Ich möchte bloß wissen, wo Deine Post wieder so lange bleibt. Bis heute hat noch kein Brief den Weg zu uns gefunden. Dennoch hoffe ich, daß Ihr Euch noch alle der besten Gesundheit erfreut, was auch bei mir noch der Fall ist.Im übrigen haben wir hier eine ganz ruhige Tour, und der Russe kann ruhig noch eine Weile fern bleiben, bis das Bier alle ist. Wie geht es so weit zu Hause? Hat Trapp Karl immer noch nicht geschrieben oder hat Käthe wenigens Nachricht erhalten? Ich selbst habe ja noch nichts zu klagen, dennoch wäre es gut, wenn der Schwindel bald zu Ende wäre. Was schreibt Nikolaus und Heinrich, haben auch von Ihnen noch keine Post erhalten. Von der Lage hören wir hier so gut wie nichts, und was in der Zeitung steht, na ja! Was ich sonst noch von dir haben möchte, weißt du ja. Denn noch heute freue ich Über ein paar schöne Tage, die ich mit dir verbringen konnte.
Zum Schluss wird doch noch alles gut werden und übers Jahr werden wir uns gesund in der Heimat wieder sehen. Sei nun für heute vielmals gegrüßt und geküsst von deinem lb. Mann
Euer lb. Papa
Viele Grüße an alle!

Dresden, 19.9.1944

Meine allerliebste Frau!
Es ist jetzt 6:00 Uhr morgens, ich bin gerade hier eingetroffen. Die Fahrt Verlief gut, aber sehr langweilig. In Worms schon ist der Urlauberzug überhaupt nicht eingetroffen. Ich fahre erst um 11:00 Uhr mit dem D-Zug nach Leipzig, und heute Nacht mit dem Bummelzug nach Dresden. Um 9:00 Uhr fahre ich weiter nach Krakau. Da wird es morgen Früh, bis ich ankomme. Ich bin mal gespannt, was sie alles wissen. Es ist aber auch egal. Die Hauptsache ist, mir hat es gefallen zu Hause. Heute Nacht war unterwegs auch mal Alarm, doch noch weit weg von uns.
Liebe Grete! Ich kann verstehen, wie es dir zu Mute war, als du von der Kirche heimkamst, und die Kinder werden auch geguckt haben, als sie aufwachte, und der Papa war fort. Nun ja, es ist nun mal so in unserer Zeit. Vielleicht wird doch bald alles gut. Dass das ewige Abschiednehmen mal ein Ende hat. In diesem Sinne wähle ich Schluss machen. Ich hoffe, dass euch dieser Brief so gesund erreicht, wie er mich verlässt und seit 1000 mal gegrüßt und geküsst von deinem lb. Mann
Euer lb. Papa
Auf Wiedersehen!

Polen, 11.12.1944

Liebe Schwiegereltern!
Nach langer Zeit bin ich endlich auch euch, meine Lieben, wieder einige Zeilen zukommen lassen. Ich nehme ja nicht an, dass ihr mir böse seid, weil ich euch so wenig schreibe, dass ich noch am Leben bin, erfahrt ihr ja eh als von Gretl. Da nun jedoch Weihnachten wieder vor der Türe steht und ich nun schon zum zweiten Mal abwesend bin, kann ich nicht umhin, der frohen Stunden zu gedenken, die wir vor den Krieger daheim im trauten Familienkreis verlebt haben. Da viele, vor allem die Kinder, können Sie diese ja kaum mehr vorstellen. Wann wird endlich der Himmel ein Einsehen haben und den Menschen auf dieser Erde den Frieden wieder bringen. Einmal muss ja auch dieser Wahnsinn ein Ende nehmen, das Pulver wird hoffentlich auch mal alle, es fragt sich nur, wer dies noch erleben wird. Wie geht es nun bei euch zu Hause, meine lieben Alten? Ich hoffe, dass du, liebe Mutter, wieder hergestellt bist und dich der besten Gesundheit erfreust. Nachdem unsere liebe Mutter ist vorgezogen hat, diese grauenhafte Welt zu verlassen, hast du noch die Aufgabe auch mir die Mutter noch jahrelang zu ersetzen. Wie geht es nun den lieben Schwiegervater? Hoffentlich ist auch höher noch gesundheitlich auf der Höhe. Das wäre ja toll, wenn auch hier noch zum Volkssturm müsste. Wer sollte dann zu Hause nach dem Rechten sehen? Die heutige Lage wird seinen Glauben an den Sieg auch nicht gerade stärken, aber weiß Gott, wir Soldaten geben Ihnen auch jetzt noch nicht verloren. Die Feinde gewinnen ja von allen Seiten Boden, ob sie es auch halten können, ist eine andere Frage. Auf jeden Fall geht der Krieg auch in diesem Jahr noch nicht zu Ende und wenn wir Glück haben, können wir im nächsten Jahr Weihnachten zusammen feiern. Mir selbst geht es noch gut, ich bin noch gesund und munter, was ich auch von euch für die Zukunft zu wünschen hoffe. Ich will nun für heute Schluss machen und verbleibe in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit vielen Grüßen euer Schwiegersohn Jakob
Viele Grüße an das Hinterhaus sowie Familie Stumpf

Königinhof a.d. Elbe, 26.3.1945

Liebe Frau!
Mit Freude und Dank erhielt ich heute deine lb. Briefe vom 26.2., 6.3. und 8.3. Trotzdem warte ich mit großer an Ruhe auf die nächsten Nachrichten aus dem Westen. Da die Amerikaner schon seit drei Tagen bei Oppenheim über den Rhein sind, wird es auch für euch die Lage immer brenzliger und wer weiß, ob du meine Briefe noch erhältst, sei es dass ihr habt flüchten müssen oder unsere Heimat vom Feind besetzt ist. Wer hätte das jemals geglaubt, das ist einmal soweit kommt. Das Ende scheint nun ziemlich nahe gerückt, oder soll es doch noch eine Wendung geben? Was ja kaum noch einer für möglich hält! Mir ist es wirklich lieber, wenn ihr habt zu Hause bleiben müssen, Da werde ich euch doch wieder finden, wenn ich gesund bleibe. Um mich braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, bin immer noch beim Stab, und es geht mir ganz gut hier. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen werde ich trotz allem nicht aufgeben! Von Huckele kann ich nichts Genaues sagen, er ist wohl weiter vorn eingesetzt und hat weniger Zeit zum Schreiben als ich. Auf jeden Fall lebt er noch und ist gesund. Am kommenden Sonntag ist nun schon Ostern. Schon lange war so kein schönes Wetter wie in diesem Jahre, und dabei paßt es doch gar nicht zu der Grausamkeit und den Zerstörungen, die zur Zeit in der Welt vor sich gehen. Es ist ja wirklich Zeit, dass diesen Elend bald ein Ende gemacht wird. Was die Zukunft für uns bringen wird, müssen wir abwarten. Viel schlimmer wie ein täglicher Bombensegen wird es auch nicht werden. Lassen wir also den Kopf nicht hängen und Vertrauen auf ein frohes Wiedersehen In der Heimat. In der Hoffnung dass wir und noch recht lange schreiben können, verbleibe ich mit tausend Grüßen und Küssen
Dein lb. Mann
Euer lb. Papa

Zum weißen Sonntag alles Gute und ein frohes Fest! Wo und wie werdet ihr feiern?
Viele Grüße an alle!

Postkarte Russisches Rotes Kreuz, 1945

Liebe Frau und Kinder! Meine Lieben alle!
Endlich habe ich Gelegenheit, euch aus russischer Gefangenschaft die besten Grüße zu senden. Ich hoffe, dass bei euch noch alles gesund und munter ist. Mir geht es noch gut, und ich hoffe auf jeden Fall, die Heimat über kurz oder lang wieder zu sehen. Wir arbeiten hier an russischen Stellen, zum Teil im Beruf. Bis jetzt war es immer noch gut, und die Behandlung habe ich mir schlechter vorgestellt. Der Krieg ist ja nun lange zu Ende, und einmal werden auch wir wieder nach Hause kommen. Bleibt also gesund, bis uns das Wiedersehen vergönnt ist. Hoffe bald von hier raus zu kommen.
Mit tausend Grüßen und Küssen
Jakob
Fröhliches Wiedersehen!

Postkarte russisches Rotes Kreuz