Die Feldpost von Kurt Oswald
Der Soldat Kurt Oswalt kämpfe im Deutschen Afrikakorps und geriet am 12./13. Mai 1943 in amerikanische Gefangenschaft.
Karte vom 12.6.43
Ich befinde mich in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager. Mein Gesundheitszustand ist gut.
Meine Adresse lautet wie folgt:
Wachtmeister Kurt Oswald
Kriegsgefangenennummer: folgt!
Brief vom 24.6.1943
Meine liebe Christel.
Am 24. Juni kann ich Dir mitteilen, dass es mir bisher gesundheitlich gut geht. Wie es in mir aussieht, kannst Du Dir wohl denken, da Dir ja meine Gedanken über eine Gefangenschaft bekannt sind. Vor allem mache ich mir Sorgen, dass Du lange über mein Schicksal in Ungewißheit warst. Meine Gedanken sind nicht nur am Tage, sondern auch fast jede Nacht daheim. Ob Du wohl meine Karte vom 12.6. erhalten hast? Auch heute kann ich Dir noch nicht meine Adresse schreiben, so dass ich wohl noch lange auf ein paar liebe Zeilen von Dir warten muß. Ich will jedoch hoffen, dass zu Hause alles in Ordnung ist.
Benachrichtige bitte die Eltern, meine Mutter und Edit, dass ich gesund und guter Hoffnung bin und bestelle herzliche Grüße von mir. Dass ich seit dem 1.5. Wachtmeister bin, wirst Du ja schon aus der Karte ersehen haben.
Nun habe ich eine Bitte: Erkundige Dich doch wegen Werners Aufnahme in die Hauptschule, damit die Angelegenheit nicht versäumt wird. Wie geht es Dir und den Kindern? Bestelle an die Kinder die herzlichsten Grüße. Ich hoffe, dass sie mich nicht enttäuschen, wenn ich nach Hause komme.
Erkundige Dich bitte bei Muttchen nach der Adresse von Onkel Steinbarth und schreibe mir bei nächster Gelegenheit die Straße und die Nr.. Alles andere weiß ich aus dem Kopf. Nun bitte nicht verzagen, denn es muß und wird auch wieder alles gut werden.
In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen grüßt und küßt Dich innig Dein immer an Dich denkender Kurt
Brief vom 30.8.43
Meine liebe, liebe Christel!
Heute kann ich Dir endlich einen Brief schreiben, auf den ich auch Antwort erwarten kann. Seit 2 Wochen bin ich in den U.S.A. in einem Stammlager, wo ich Dir regelmäßig schreiben kann und auch Post erhalte.
Mir geht es gesundheitlich wirklich gut. Wir haben auch hier Tropenklima, doch habe ich mich in den vergangenen Jahren ja gut daran gewöhnt. Auch über Langeweile kann ich nicht klagen, denn ich bin hier Kammerfeldwebel und habe den ganzen Tag meine Beschäftigung. Auch die Verpflegung ist ausreichend und abwechslungsreich.
Schreibe bitte die Adresse auf meinen Briefen genau so, wie ich sie am Ende des Briefes schreibe, möglichst Druckschrift und benütze nur glattes oder liniertes Papier. Wie geht es Euch allen gesundheitlich und was hat sich seit April zu Hause Neues ereignet? Du glaubst kaum, wie ich schon eine Nachricht erwarte. Am Donnerstag, d. 2.9. schreibe ich Dir wieder.
Heute, an Püppi’s Geburtstag, denke ich ganz bsonders an Euch. Nun sei Du, mein Lieb, herzlichst geküßt von Deinem Kurt. Grüße an die Kinder und alle.
Brief vom 2.9.43
Meine liebe Christel!
Zunächst sende ich Dir die herzlichsten Glückwünsche zu Deinem Geburtstag. Ich hoffe, dass wir diesen Tag im nächsten Jahr gemeinsam feiern können. Meine herzlichsten Wünsche auch für Püppi und Werner zum Geburtstag. Obwohl meine Gedanken sehr viel in der Heimat sind, sind es gerade diese Tage, die sehr viele Erinnerungen an vergangene Jahre wachrufen.
Schreibe mir bitte, welche Briefe bzw. Karten Du bisher von mir erhalten hast. Auch interessiert es mich, wann Du die erste Nachricht erhieltst, dass ich in Gefangenschaft bin.
Nun habe ich noch eine Bitte: Schicke mir keine Esswaren. Erstens würde doch alles verderben bis es hier ist und zweitens werde ich immer satt. Für Rauchwaren bin ich Dir jederzeit dankbar.
Drei Bilder habe ich wieder zurück bekommen, so dass ich Euch alle doch wenigstens auf dem Bild sehe. Wenn Du einmal ein neues Bild von Dir und den Kindern beim Fotografen machen läßt, dann schicke mir bitte auch eines.
Bestelle bitte die herzlichsten Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten.Doch Du sei besonders gegrüßt und geküßt von Deinem Kurt Oswald
Brief vom 6.9.43
Meine liebe Christel!
Auch heute kann ich Dir wieder mitteilen, dass es mir gesundheitlich sehr gut geht. Als ich gestern mit den Kameraden am Kaffeetisch saß, waren meine Gedanken immer zu Hause. Mir war es, als säße ich mit Euch am Geburtstagstisch. Ihr werdet zwar zur gleichen Zeit schon geschlafen haben, denn dort ist die Zeit ja schon 8 Stunden weiter. Aber vielleicht warst Du im Traum bei mir. Oder ich bei Euch zu Hause? Auch die Zeit wird kommen, wo wir alle wieder beisammen sind.
Ich habe mich in den vergangenen 3 Wochen schon ganz gut an diesen Betrieb gewöhnt. Habe ich hier doch einen Tisch, an dem ich essen und ein Bett, in dem ich schlafen kann. Genau 3 Monate lang mußte ich auf die 2 Dinge verzichten. Auch habe ich mich wieder gut erholt, denn ich habe fast mein Gewicht wieder.
Zigaretten und Tabak kann ich mir ausreichend kaufen und habe auch das Geld hierfür, denn ich bekomme meine Arbeit bezahlt. Bestelle an Mutter meine herzlichsten Geburtstagswünsche. Den Kindern herzlichste Grüße von mir.
Doch Dir, mein Lieb, sendet viele Küsse Dein Kurt Oswald.
Brief vom 27.9.43
Meine liebe Christel!
Heute will ich Dir wieder mitteilen, dass es mir gesundheitlich, bis auf einen Muskelkater, gut geht. Der Muskelkater stammt von unserem Kompaniesportfest, das am Sonnabend und Sonntag stattfand. Es waren 2 Tage der Kameradschaft und Harmonie. Außer den Sportveranstaltungen gab es noch einen bunten Nachmittag, der gut gelungen war. Ich habe schon lange nicht so viel gelacht, wie bei dem gestrigen Kaffeeklatsch. Doch waren auch Darbietungen ernsten Charakters, wie Heimatlieder eines Männerchors, mit dabei. Abends klang das Fest, mit der Siegerehrung und dem Gedenken der Lieben in der Heimat, aus. Alle waren wir von unserem 1. Sportfest in Gefangenschaft befriedigt.
Vom Roten Kreuz Berlin bekamen wir gestern Zigaretten und Rauchtabak, worüber wir uns sehr freuten. Wie geht es Euch allen? Vor allem, was machen die Kinder? Sind sie noch gesund? Und wie geht es Dir? Ich schreibe diesen Brief um 14 Uhr, doch bei Euch ist es ja schon längst Abend und die Kinder schlafen wohl längst.
Euch allen sende ich herzliche Grüße und Dir auch Küsse. Dein Kurt
Brief vom 30.9.43
Meine liebe Christel!
Heute habe ich die Gewißheit, dass auch Du bis Mitte August über mein Schicksal im Unklaren warst. Ein Stubenkamerad hat heute als Erster von uns Post aus der Heimat erhalten. Seine Frau schrieb, dass sie am 18.8. den ersten Brief von ihm erhalten habe und bis dahin nicht wußte, ob er tot oder in Gefangenschaft wäre. Ich kann mir vorstellen, dass Du unter dieser Ungewißheit sehr gelitten hast. Mache Dir bitte keine Sorgen meinetwegen, denn mir geht es gesundheitlich sehr gut. Alles andere kommt wieder, wenn ich wieder daheim bei Euch bin. Dann machen wir uns das Leben wieder so angenehm, wie es vorher war. Gewiß, die verlorene Zeit ist nicht mehr nachzuholen. Aber die Jahre, die dann noch vor uns sind, wollen wir dann doppelt auskosten. Jetzt mußt ja auch Du auf so manches verzichten, was vordem eine Selbstverständlichkeit war. Aber über alles geht doch die Freiheit!
Bestelle bitte die herzlichsten Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten.
Dir sendet besonders herzliche Grüße und Küsse Dein Kurt
Brief vom 4.10.43
Meine liebe Christel!
Wieder ist ein Sonntag vorüber und damit auch eine Woche weniger, bis zu unserem Wiedersehen! In der Heimat war heute Erntedankfest und auch wir haben dieses Tages gedacht! Vormittags war ich zum Feldgottesdienst und die Worte des deutschen Geistlichen haben mir wieder eine Stärke im Glauben an Gott und unsere herrliche Heimat gegeben. Es muß und wird sich wieder alles zum Guten für uns wenden. Einmal wird alles vorüber sein und es werden sich auch die Tore in die Freiheit für uns öffnen! Sehr oft liege ich im Bett und versuche, mir die Stunde unseres Wiedersehens vorzustellen. Was wird dies doch für eine Freude sein! Eben kommen unsere Handballspieler von einem Spiel mit einer Nachbarkompanie zurück. Immer wenn marschiert wird, ertönt frischer Marschgesang. Wir haben den Mut nie verloren und so wird es auch bleiben. Nun sende ich Euch allen, vor allem unseren Kindern, die herzlichsten Sonntagsgrüße.
Doch Dir, mein Lieb, sendet viele, viele Küsse Dein Kurt
Karte vom 9.10.43
Meine liebe Christel!
Auch heute war ich nicht unter den glücklichen, die Post erhielten. Aber auch für mich wird ja der Tag kommen, wo ich einen Brief von Dir in Händen halte. Ich bin im Traum fast jede Nacht zu Hause, doch immer bist Du mir böse. Ich weiß aber, daß das Gegenteil der Fall ist.
Gesundheitlich geht es mir sehr gut! Ist zu Hause auch alles gesund? Grüße bitte die Kinder und alle Verwandten herzlich von mir. Dir sendet viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 11.10.43
Meine liebe Christel!
Jetzt weiß ich bald nicht mehr, was ich Dir schreiben soll, aber trotzdem will ich keine Gelegenheit auslassen, Dir ein paar Worte zu schreiben. Wenn ich erst Post von Dir habe, dann füllt sich ein Brief schneller.
Mir geht es gesundheitlich gut und mein altes Gewicht habe ich bereits wieder. Ist es jetzt zu Hause schon recht kalt? Ich laufe den ganzen Tag im Sportanzug umher und schwitze dabei noch. Wenn Du diesen Brief bekommst, wird bei Euch wohl schon Eis und Schnee sein und Ihr denkt schon an das Weihnachtsfest. Ich habe ein leises Grauen vor diesem Weihnachten. Weswegen, wirst Du Dir ja denken können.
Kannst Du mir die Adresse von Fritz Büdweg (?) schreiben? Ich würde gern an ihn schreiben. Aus der näheren Heimat bin ich mit niemand zusammen. Wie geht es Elsbeth? Wohnt sie noch in Neuteich? Bestelle bitte herzliche Grüße an alle Neuteicher. Auch an die Alten.
Meine Träume sind fast jede Nacht daheim, doch Du bist immer so komisch zu mir. Bist Du mir böse, dass ich schon so lange nicht zu Hause war? Ich komme wieder!
An die Kinder herzliche Grüße. Dir sendet, leider nur in Gedanken, heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 14.10.43
Meine liebe Christel!
Die herzlichsten Grüße sende ich Dir und den Kindern, zum Zeichen, dass ich gesund bin.Ich habe nun schon großes Verlangen nach einer Nachricht von Dir, denn im halben Jahr kann sich sehr viel ereignen. Ich hoffe ja, dass alles zum Besten steht. Herzliche Grüße an alle Verwandten! Dir viele heiße Küsse von Deinem Kurt.
Brief vom 18.10.43
Meine liebe Christel!
Wieder ist eine Woche vergangen und damit auch eine Woche weniger bis zu unserem Wiedersehen. Einmal geht alles vorüber und so auch dieser Krieg. Dann wird alles Schwere und Harte nur noch als eine Erinnerung in uns sein. Doch die Gegenwart und Zukunft soll dann ein Leben und Erleben sein, dass vieles von dem jetzt Versäumten wieder gutgemacht wird. Ich habe vieles in der Welt gesehen und noch mehr gelernt. Aber nichts ist der Heimat gleichwertig oder gar überlegen. Überall vermißt man die Ruhe, die scheinbar nur unserer Heimat eigen ist. Herbst ist es in der Heimat und nichts erinnert uns hier daran, dass die Natur sich auf die Winterruhe vorbereitet. Es gibt hier scheinbar keinen Übergang zwischen krasser Sonnenglut und eisiger Kälte. Gestern bekamen wir vom Deutschen Roten Kreuz wieder einen Heimatgruß in Form von Tabak und Keks. Die Freude darüber war natürlich wieder groß. Mir geht es gesundheitlich wie immer gut.
Herzliche Grüße an die Kinder und alle Verwandten. Für Dich wieder viele heiße Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 25.10.43
Meine liebe Christel!
Immer noch warte ich auf einen lieben Brief von Dir, aber jetzt wird es hoffentlich nicht mehr lange dauern. Ich weiß, dass es lange währt, bis Du einen Brief von mir erhältst. Deswegen möchte ich Dir und den Kindern schon heute ein frohes und gesundes Weihnachtsfest wünschen. Möge Gott der Herr geben, dass wir nächstes Weihnachten gemeinsam um den Christbaum sitzen und das Fest der Freude und des Friedens wahrhaft feiern können. Wenn ich je etwas von Herzen erwünscht habe, so ist es dieses!
Gleichfalls wünsche ich ein frohes Fest den Eltern, meiner Mutter und allen Verwandten. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut und hoffe, dass es zu Hause ebenso ist. Wo ist jetzt Kurt Schwarz? Bestelle auch an ihn und Mieze herzliche Grüße. Ich freue mich heute schon auf unser nächstes Beisammensein.
Unseren lieben Kindern bestelle bitte die herzlichsten Grüße von ihrem Papa, der immer an sie denkt.Dir, meine Geliebte, sende ich viele Grüße und in Gedanken ebenso viele Küsse. Dein Kurt
Brief vom 1.11.43
Meine liebe Christel!
Eben hatte ich den Besuch eines Kameraden, der fast täglich mein Bild, das auf meinem Tisch steht, bewundern kommt. Er kann sich immer wieder freuen, wenn er die drei Kinder ansieht. Ich soll Dir und den Kindern von ihm herzliche Grüße bestellen. Die drei Bilder, die ich von Euch habe, sind auch meine ganze Freude und mein Stolz! Wenn ich nur erst wieder bei Euch bin, dann wird wieder alles gut sein und alle Sehnsucht hat ein Ende.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Ich treibe viel Bewegungssport und nehme fast täglich vor dem Schlafengehen ein Brausebad. Im Traum bin ich sehr viel zu Hause. Du hast wohl jetzt bald ausgeschlafen, denn bei Euch ist es fast 6 Uhr morgens. Wie geht es Dir und den Kindern gesundheitlich? Ich hoffe doch, dass alles in Ordnung ist. Kommen unsere beiden Ältesten auch in der Schule gut vorwärts? Und geht auch alles sonst in Ordnung? Ach, ich möchte so vieles fragen, doch muß ich alles lassen, bis ich wieder daheim bin. Bestelle bitte herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern und meine Mutter. Für Dich besonders herzliche Grüße und Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 7.11.42
Meine liebe, liebe Christel!
Wieder ist eine Woche vergangen und immer noch warte ich auf einen lieben Brief von Dir. Die Sehnsucht wird von Tag zu Tag größer. Was nützt alle Zerstreuung die ich habe, sei es Sport, Unterricht oder auch mein Radio, die Gedanken sind doch immer zu Hause und in der Heimat. Nie habe ich gedacht, dass die Gefangenschaft derartig an den Nerven zerrt.
--- geschwärzt ---
Ich kann Dir jedoch heute schon sagen, dass ich unter diesen Umständen nur noch härter und stärker werde im Glauben an mein Vaterland. So wahr ein Gott im Himmel ist, wird Deutschland leben, für das ich gekämpft und entbehrt habe. Alle Opfer haben wir nicht umsonst gebracht! Es gibt Weltgesetze, die nur mit Blut und Tränen geschrieben werden können.
Mir geht es gesundheitlich unverändert gut. Viele herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter, alle Verwandten und Bekannten. Grüß mir die Heimat! Dir sendet viele, viele Küsse Dein Kurt
Auf Wiedersehen!
Brief vom 15.11.43
Meine liebe Christel!
Ein ganzes Jahr bin ich jetzt von Euch fort und was hat sich in dieser Zeit doch alles geändert! Dass es eine Trennung auf lange Zeit sein würde, habe ich gewußt, doch habe ich nie geahnt, dass es für Jahre ein Abschied war. Auch dass mir das Schicksal einer Gefangenschaft werden sollte, habe ich nie geglaubt. Doch auch damit werde ich schon fertig werden. Als Portepeeträger habe ich doch viele Vergünstigungen, die mir das Leben hier wesentlich erleichtern. Unter anderem bin ich auch Besitzer eines Radioapparates, der mir schon manche frohe Stunde bereitet hat. Doch die Heimat kann mir dies alles nicht ersetzen. Vor allem ist die Sehnsucht nach Euch, meine Lieben, sehr groß und so wird es auch bleiben, solange ich fern bleibe.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Auf Post warte ich schon mit großer Spannung. Vor allem wünsche ich Euch allen, meine Lieben, ein gesundes Neues Jahr. Gebe Gott, dass es da ein frohes Wiedersehen gibt! Die herzlichsten Grüße an die Kinder und alle Verwandten und Bekannten.
Dir sendet viele, viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 22.11.43
Meine liebe Christel!
Wieder ist eine Woche vergeblichen Wartens vergangen. Ob ich wohl bis zu den Feiertagen einen Brief von Dir erhalten werde? Mir geht es gesundheitlich unverändert gut. Ich hoffe doch, dass auch zu Hause alles zum Besten steht und dass ich alles unverändert antreffe, wenn ich nach Hause komme.
Neues weiß ich Dir nicht zu schreiben, denn bei mir verläuft ein Tag wie der andere. Das Wetter ist jetzt im Lager so warm, wie bei uns im Sommer. Nur nachts ist es empfindlich kühl. Ist es dort schon richtiger Winter mit ganz viel Schnee? Wie ist in diesem Jahr bei Opa die Obst- und Beerenernte ausgefallen? Ist er oft angeln gewesen? Und wie war der Erfolg dabei? Wie geht es Walter? Wo ist er jetzt? Was macht mein Brunder Hans? Bestelle bitte an alle herzliche Grüße von mir. Besonders herzliche Grüße an Werner, Edit und Klein-Christel von ihrem Papa. Von Edit erhielt ich eben einen Brief. Ich danke ihr herzlichst! Jetzt bin ich etwas beruhigt. Dir sendet viele, viele Küsse Dein Kurt. Auf Wiedersehen.
Brief vom 29.11.43
Meine liebe Christel!
Wie habe ich mich gefreut, als ich den ersten Brief erhielt. Leider war dieser Brief nicht von Dir, sondern von Edith. Obwohl ich froh war, wenigstens ein Lebenszeichen aus der Heimat zu erhalten, hätte ich mich doch bedeutend mehr gefreut, wenn es ein Brief von Dir gewesen wäre! Noch mehr als vordem werde ich jetzt jeden Tag auf Post von Dir warten und nochmals warten. Es ist fast zum Verzweifeln. Kannst Du es Dir vorstellen, wie es in mir aussieht? Wie ein gefangenes Tier komme ich mir vor, das am eisernen Gitter auf- und abläuft und nirgends einen Weg in die Freiheit finden kann. Es war besser, als freier Mann immer den Tod, als jetzt den Stacheldraht vor Augen zu haben.
Auch dieses wird einmal vorüber sein, doch diese Erinnerungen werden mir noch bleiben. Zu tief hat sich die Gefangenschaft in meine Seele eingegraben, um es jemals zu vergessen. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Wie geht es Dir? Was machen die Kinder? Sind die beiden Ältesten auch fleißig in der Schule? Grüße sie ganz herzlich von mir, auch den kleinen Schieter!
Dir, mein Lieb, sendet herzliche Grüße und viele, viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 2.12.43
Meine liebe Christel!
Wieder habe ich Gelegenheit, Dir ein paar Worte zu schreiben und tue es gern. Bald ist das Weihnachtsfest da, auf das sich daheim Alt und Jung freut. Schon die Adventszeit hatte ihre Freuden und stillen Erwartungen, die dem Fest etwas besonderen Reiz gaben. Wie lange kenne ich dieses nun nicht mehr? Es ist nur noch eine Erinnerung an scheinbar längst vergangene Zeiten. In den letzten Jahren war die Adventszeit nur ein Gemisch von Sehnsucht und Heimweh. Aber nie hat mich die Hoffnung verlassen, dass es bald wieder so werden wird, wie es vordem gewesen ist. Auch jetzt gehen meine Gedanken den selben Weg. Ach ja, wieder so eine rechte deutsche Weihnacht im Kreise der Lieben zu verleben, das ist der Gedanke, der mir auch in diesen Tagen vorschwebt. Heute schon freue ich mich auf den Augenblick, wo ich das rote Dach unseres Heimes zum 1. Male wiedersehe.
Grüße bitte die Kinder und alle Verwandten von mir. Dir sendet viele Grüße und heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 6.12.43
Meine liebe Christel!
Nikolaustag ist heute und alles deutet kalendermäßig an, dass das Weihnachtsfest nahe ist. In der Natur sind hier jedoch keine Anzeichen dafür erkennbar. Alles ist grün und die Sonne läßt nichts vom Winter merken, nur dass die Tage schon recht kurz sind. Gibt es überhaupt noch Schnee und Eis? Ich habe nur jeden Tag künstliches Eis, das unsere Küche bekommt.
Die Zeit vergeht mir einigermaßen schnell, das mag wohl daran liegen, dass ich meine regelmäßige Beschäftigung habe. Wenn ich nur bald Post von Dir bekommen würde, dann wäre ich etwas beruhigt. Ist es doch schon der achte Monat, dass ich ohne Nachricht von Dir bin. Ich bin schon froh, dass Edith mir schrieb, dass Du Mitte August die erste Post von mir erhalten hast. Ich habe sofort nach meiner Gefangennahme alles mögliche versucht, Dir Nachricht zu geben, doch wieder bisher erfolglos.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut und ich bin der Hoffnung, dass auch zu Hause alles in Ornung ist. Dir und den Kindern sendet herzliche Grüße und Küsse Dein Kurt
Brief vom 13.12.43
Meine liebe Christel!
Ganz nahe ist das Weihnachtsfest und der dritte Adventssonntag ist bereits vorbei. Werde ich zu diesem Festtag auch einen lieben Brief von Dir in Händen haben? Bisher habe ich vergebens gewartet! Aber ich werde in den nächsten zehn Tagen besonders artig sein, dann wird das Christkind mich hoffentlich mit wenigstens einem Brief beschenken. Für mich wäre das ein sehr großes Geschenk. Ich weiß genau, wie unschuldig Du daran bist, dass ich so lange ohne Nachricht von Dir bin.
Edith hat mir zwar nichts von zu Hause geschrieben, aber gerade deswegen nehme ich an, dass alles in bester Ordnung ist. Wenn sich irgend etwas ändert, sei es zu Hause oder in der Verwandtschaft, dann schreibe es mir bitte. Du wirst Dir denken können, wie mich auch scheinbare Kleinigkeiten interessieren. Gesundheitlich geht es mir, wie bisher, unverändert gut. Lasse den Mut nicht sinken!
Allerherzlichste Grüße an die Kinder. Dir sendet viele, viele heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 17.12.43
Liebe Tochter!
Zu Deinem Geburtstag sende ich Dir die herzlichsten Glückwünsche. Lerne nur fleißig in der Schule und mache Mutti keine Sorgen. Was macht Christelchen? Bist Du auch immer gut zu ihr?
Grüße bitte Mutti, Werner, Christel, Oma und Opa von mir. Es sendet Dir viele herzliche Grüße und wünscht Dir alles Gute Dein Papa Kurt Oswald
Brief vom 20.12.43
Meine liebe Christel!
Dieses ist der letzte Brief, den ich Dir vor dem Weihnachtsfest schreibe. Du wirst Dir denken können, welche Gefühle mich in diesen Tagen bewegen. Zwar deutet in der Natur nichts auf dieses Fest hin, doch im Herzen fühlt man es umso mehr. Auch im Radio hört man jetzt sehr oft Lieder von der stillen, heiligen Nacht. Die Melodien sind so vertraut, auch wenn es eine Sprache ist, die für uns fremd klingt. Ohne die Musik der deutschen Meister ist kaum ein Programm. Auch von fremden Händen dargebracht, ist dieses ein Stück Heimat, das die Klänge vermitteln. Schön ist es, dabei von dem fernen Heimatland zu träumen. Zwar ist dabei viel Sehnsucht und Bangen, doch auch die Zeit wird kommen, wo ich meinen Fuß wieder auf Heimaterde setze. Alles soll dann wieder gut werden.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Grüße mir die Kinder auf das herzlichste. Auch den Eltern und meiner Mutter sende ich viele Grüße. Dir, mein Lieb, sendet viele, viele Küsse Dein Kurt
Karte vom 24.12.43
Liebe Christel!
Vorbei ist unsere Weihnachtsfeier, die wir fern der Heimat, nach alter deutscher Art gestalteten. Wir saßen zwar in dem nüchternen Raum, doch waren aller Gedanken dort, wo unsere Lieben weilen. Mag es sein wie es will, unseren Glauben an unser herrliches Vaterland kann uns niemand nehmen. Der alte Gott lebt noch! Dir und den Kindern all meine Gedanken. Dein Kurt
Brief vom 27.12.43
Meine liebe Christel!
Nun habe ich so oft das Christkindchen gebeten, mir zum Weihnachtsfest einen lieben Brief von Dir zu bringen, aber es hat mich schwer enttäuscht. Ob ich vielleicht doch unartig war? Ich bin mir keiner Schuld bewußt. Also muß ich weiter warten. Vielleicht zum Geburtstag. Die Feiertage haben wir nun auch hinter uns und ich bin eigentlich froh darüber. Ich hoffe stark, dass ich die nächsten Weihnachten glücklicher verleben werde. Am Heiligen Abend hatten wir eine Weihnachtsfeier, die nach deutscher Art schlicht aber inhaltsvoll war. Am Abend des ersten Feiertages startete eine Theatervorstellung, die uns drei Stunden Freude und Frohsinn brachte. Man vergaß es fast, dass es nur deutsche Soldaten waren, die über die Bühne gingen, bzw. schwebten. Unter anderem tanzte ein Ballett, das sehr ordentlich und nett war. Ich glaube, in diesem Land ist es Sitte, dass man den Weihnachtsmann beschenkt, denn vom umgekehrten Fall habe ich nichts gemerkt. Doch ist meine Gesundheit Geschenk genug. Herzliche Grüße an die Kinder und alle Verwandten. Dir sendet viele Grüße und Küsse Dein Kurt
Karte vom 31.12.43
Liebe Eltern!
An der Schwelle des neuen Jahres möchte ich nicht versäumen, Euch für alles Liebe, dass Ihr Christel und den Kindern erwiesen habt, zu danken. Ich weiß, dass es gerade im vergangenen Jahr viel tröstende Worte für Christel bedurft hat. Alles wird wieder gut werden, wenn ich in die Heimat zurückkomme. Gesundheitlich geht es mir gut. Die herzlichsten Grüße sendet Euch Euer Sohn Kurt
Brief vom 3.1.44
Meine liebe Christel!
Schon sind wir im neuen Jahr und hoffen, dass es uns nur Gutes bringen wird. Werden unsere Wünsche in Erfüllung gehen? Ich glaube fest daran, dass es noch in diesem Jahr ein Wiedersehen gibt. Als in der Heimat die Jahreswende war, haben wir Eurer gedacht und dieses durch zwei laute Worte zum Ausdruck gebracht. Zu hiesiger Zeit der Jahreswende hatte ich drei Kameraden, die mir die beliebtesten sind, bei mir und wir begrüßten das neue Jahr mit dem heißen Wunsch, dass in diesem Jahr für uns recht bald die Stunde der Freiheit schlagen möge. Am Händedruck fühlte ich, dass dieser Wunsch aus tiefstem Herzen kam. Gott wird alles zum besten lenken, dessen bin ich gewiß.
Wie habt Ihr das neue Jahr erlebt? Ihr habt diese Nacht doch wohl wieder bei den Eltern verbracht. Nochmals wünsche ich Dir und den Kindern ein gesundes Jahr von ganzem Herzen. Bestelle bitte herzliche Grüße an die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten. Werner, Edit und Klein-Christel meine herzlichsten Grüße und Wünsche. Dir sendet viele, viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 10.1.44
Meine liebe Christel!
Bis heute bin ich noch ohne Nachricht von Dir und habe schon fast die Hoffnung aufgegeben. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Meine meiste Beschäftigung ist der Sport, denn dabei komme ich doch für eine Weile auf andere Gedanken.
Wie geht es Dir gesundheitlich? Was machen die Kinder? Klein-Christel muß doch schon ein prächtiges Mädel sein. Grüße sie bitte herzlich von mir. Ebenso viele Grüße an die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten und Bekannten. Dir sendet viele Grüße und Küsse Dein Kurt
Auf Wiedersehen!
Karte vom 12.1.44
Meine liebe Christel!
Auch die Hoffnung, bis zu meinem Geburtstag von Dir Post zu erhalten, hat sich nicht erfüllt. Nun hoffe ich auf Ostern. Dieses ist mein trostlosester Geburtstag, den ich bisher erlebt habe. Die einzige Genugtuung ist, dass ich körperlich gesund bin. Wenn ich bei Kaffee und Kuchen sitze, werde ich mir einbilden, ich säße unter Euch. Dir und den Kindern sendet viele Grüße Dein Kurt
Brief vom 24.1.44
Meine liebe Christel!
Wieder will ich Dir ein paar Zeilen schreiben, zum Zeichen, dass es mir gesundheitlich gut geht. Eine große Freude hat uns das Deutsche Rote Kreuz bereitet, durch Übersendung eines sehr wichtigen Weihnachtsgeschenkes. Ich erhielt einen Christstollen mit den besten Wünschen des Führers, dreihundertfünfzig Gramm Schokolade, Lebkuchen, Bonbons, zwei Büchsen Ölsardinen und noch mehreres anderes. Wir haben hier zwar genug zum Essen, aber was wir bekommen haben, ist doch aus unserer geliebten Heimat!
Nur schmerzt es mich, von Dir immer noch keine Post erhalten zu haben. Ist es jetzt doch schon neun Monate her, dass Du den letzten Brief an mich geschrieben hast. Schreibe mir bitte alles, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat. Ihr werdet jetzt wohl viel Frost und Schnee haben, während hier schon recht heiße Tage sind.
Wie geht es den Kindern? Sie sind doch hoffentlich gesund? Bestelle bitte die allerherzlichsten Grüße an sie und sie sollen ihren Papa nicht vergessen. Auch an die Eltern und meine Mutter herzliche Grüße. Dir sendet viele, viele heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 26.1.44
Meine liebe Christel!
Dir zur Nachricht, dass es mir gesundheitlich unverändert gut geht. Ich hoffe, dass es zu Hause ebenso ist. Nun habe ich eine Bitte: Schicke mir doch einen Spiegel, denn ich habe nur noch eine ganz kleine Scherbe. Hier ist beim besten Willen kein Spiegel zu bekommen. Post habe ich von Dir noch nicht erhalten. Herzliche Grüße an die Kinder. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 31.1.44
Meine liebe Christel!
Wieder ist ein Monat zu Ende und damit auch ein Monat unserer Trennung vorbei. Gar so viele Monate wird es hoffentlich nicht mehr dauern, bis wir uns wiedersehen. Froh bin ich nur, dass ich gesundheitlich so auf der Höhe bin. Auch das Wetter wird hier schon besser, es sieht aus, als ob die Regenzeit vorüber ist. Der Sport war durch den Regen fast stillgelegt, außer Tischtennis und Dart. Wie war der Winter in diesem Jahr bei Euch? Hats recht viel Eis und Schnee gegeben?
Machen Dir Werner und Edit auch viel Sorgen? Was macht der kleine Schieter? Ist sie viel krank gewesen? Ach wie gerne möchte ich wieder daheim sein und recht tüchtig schaffen.Schreibe mir bitte, wie zu Hause alles steht. Bisher habe ich noch keine Post von Dir bekommen. Dein letzter Brief, den ich erhielt, war vom Ostertag, also schon dreiviertel Jahre vorbei. Grüße bitte die Kinder herzlich von mir. Ebenso die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten und Bekannten. Dir sendet viele Grüße und Küsse Dein Kurt
Brief vom 7.2.44
Meine liebe Christel!
Ich bin in Sorge, weil ich immer noch keine Nachricht von Dir habe. Jede Gelegenheit habe ich wahrgenommen, Dir ein Lebenszeichen zu geben. Wie ich aus dem Brief von Edith ersehen habe, hast Du im August auch schon von mir Post erhalten. Es ist geradezu zum Verzweifeln, wenn man sieht, dass andere Kameraden schon mehr als ein Dutzend Briefe erhalten haben und ich selbst gehe immer leer aus. Wenn mich wenigstens die Träume nicht so quälen würden! Es sind fast zehn Monate her, dass ich nichts von zu Hause weiß. Wäre es vielleicht doch besser gewesen, wenn es mit mir anders gekommen wäre? Ich glaube fast daran. Afrika hat viel Nerven gekostet, doch fast noch mehr kostet die Gefangenschaft. Der einzige Gedanke der mich hochhält, ist der Glaube an die Zukunft unseres Volkes. Einmal wird auch die Gefangenschaft vorbei sein.
Grüße mir die Kinder herzlichst. Dir sendet viele, viele Küsse Dein unglücklicher Kurt
Brief vom 14.2.44
Meine liebe Christel!
Wieder ist eine Woche vergeblichen Wartens vorüber und wieder hoffe ich auf diese Woche, dass ich Post von Dir bekomme. Seit einiger Zeit bin ich fast jede Nacht im Traum daheim. Aber immer sind die Träume verworren und unangenehm, dass ich sie den ganzen Tag nicht los werde. Hoffentlich bekommst Du laufend meine Post, damit nicht auch Du in Unruhe bist. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Augenblicklich bin ich in Zahnbehandlung, denn in letzter Zeit sind meine Zähne schlecht geworden. Ohne Zahnersatz wird es in Zukunft wohl kaum gehen.
Wie geht es Dir und den Kindern? Besucht Werner nun die Hauptschule? Und wie lernt Edit? Es tut mir leid, dass ich ihr nicht einmal zum Geburtstag gratulieren kann. Christelchen muß doch auch schon ein großes Mädel sein. Wenn es Dir irgend möglich ist, schicke mir bitte ein paar neuere Aufnahmen von Euch. Herzliche Grüße an die Kinder, Deine Eltern und meine Mutter. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 21.2.44
Meine liebe Christel!
Dass es mir gesundheitlich gut geht, ist eigentlich alles, was ich Dir zu schreiben weiß. Ein Tag ist wie der andere, ob Wochentag oder Sonntag. Morgens steht man auf, wäscht sich, geht zum Frühstück und dann hat man den langen Tag vor sich. Auch, dass man zwischendurch ein paar Mal gezählt wird, ist kaum eine Abwechslung. Jeden Tag habe ich eine Enttäuschung, wenn die Post verteilt wird. Ich gehe immer leer aus. Das Leben erscheint so sinnlos. Aber eines Tages werden wir heimkehren und dann soll das Leben wieder Inhalt bekommen. Grüße die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten von mir. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 28.2.44
Meine liebe Christel!
Habe ich auch keine Post von Dir erhalten, so habe ich in der vergangenen Woche doch viel Freude gehabt. Denke Dir, ich habe eine Gitarre erwischt. Zwar war es ein Wrack, doch nach schwerer Arbeit hatte ich sie soweit, dass ich darauf spielen konnte. Mit Bangen denke ich an den Augenblick, wo eine Saite platzt, denn ich habe keinen Ersatz dafür. Aber wenn ich dann nichts anderes habe, spanne ich eben Stacheldraht darauf. Irgendwie werde ich schon Rat schaffen. Nehme ich die Klampfe zur Hand, dann werden alle Jugenderinnerungen wach. Mit offenen Augen träume ich dann die schönsten Träume. Gern gedenke ich der Abendstunden auf dem Sammelbrunnen der Sonnenwendfahrten, oder was es sonst für Anlässe gewesen sein mögen. Wie fern sind diese Stunden, wie froh und frei waren wir damals. Freude am Reinen und Wahren war der Inbegriff unseres jungen Lebens. Es stimmt schon: Jugend ist Trunkenheit ohne Wein. Herrgott, lasse die Sehnsucht nach der blauen Blume wieder wach werden, damit das Herz ewig jung bleibt!
Es küßt Dich und die Kinder Dein Kurt
Ich bin glücklich! Heute erhielt ich den ersten Brief von Dir! Dank! Dein Kurt
Brief vom 6.3.44
Meine liebe, liebe Christel!
Genau vor einer Woche erhielt ich den ersten lieben Brief von Dir, für den ich Dir herzlich danke. Es ist der Brief, in dem Du mir schreibst, dass Werner den Führernachwuchslehrgang bestanden hat. Darüber freue ich mich aufrichtig. Auch, dass er in der Schule gut lernt, ist sehr erfreulich. Doch am meisten freut es mich, dass zu Hause alles gesund ist. Auch mir geht es gesundheitlich sehr gut. Schicke mir bitte keine Päckchen mit irgendwelchen Esswaren, denn ich habe jetzt genug zu essen und außerdem verdirbt doch alles auf dem langen Transport. Gern hätte ich von Euch ein neueres Bild. Ich hoffe ja, recht bald wieder bei Euch zu sein. Der Krieg ist ja kein Dauerzustand und über den Ausgang gibt es keinen Zweifel bei mir. Nach dieser langen Trennungszeit wird es ein freudiges Wiedersehen geben. Bleibt nur dort in der Heimat, dann kann auch die Zukunft nur unser sein!
Beste Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter. Dir, mein Lieb, viele Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 13.3.44
Meine liebe, liebe Christel!
Wieder ist die Reihe an mir, Dir ein paar Zeilen zu schreiben. Vorerst will ich Dir sagen, dass es mir gesundheitlich gut geht. Hier ist vom Winter nichts zu merken. Alle Laubbäume und Sträucher stehen im schönsten Frühlingsgrün. Bald werden wir wieder große Hitze haben. Die ersten Anzeichen machen sich bereits bemerkbar. Doch ich glaube, dass ich auch den dritten Tropensommer gut überstehen werde. Dass unser Lager mitten im Kiefernwald steht hat zwar den Vorteil, dass wir Schatten haben, aber wiederum wird jeder kühle Luftzug aufgehalten. Den gestrigen Heldengedenktag haben wir mit einer schlichten Gedenkfeier begonnen und gingen anschließend zum Gottesdienst. Wenn Du diesen Brief erhältst, wird es wohl schon Pfingsten sein und ich wünsche Euch allen recht frohe Feiertage. In Zukunft schicke Deine Briefe bitte nicht per Luftpost, denn ich erhalte sie dadurch nicht früher. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern und meine Mutter. Dir viele heiße Küsse von Deinem Kurt
Karte vom 23.3.44
Meine liebe Christel!
Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief von Silvester. Tausend Dank dafür. Es freut mich, dass Ihr alle gesund seid. Auch mir geht es unverändert gut. Nun bin ich beruhigt, da ich die zweite Nachricht von Dir habe. Für die Grüße von allen Neuteichern danke ich und erwidere sie herzlichst. Jetzt wird ja auch bei Euch der Frühling bald Einzug halten. Ich hoffe, im nächsten Jahr diese Zeit in der Heimat zu erleben. Dir und den Kindern viele Grüße und Küsse, Dein Kurt
Brief vom 3.4.44
Meine liebe Christel!
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief von Christelchens Geburtstag. Ich danke Dir herzlich dafür. Vor allem freue ich mich sehr über das Bild der Kinder. Eine stolze Vaterfreude ist in mir, wenn ich diese prächtigen Kinder anschaue. Wie glücklich können wir doch über soviel Reichtum sein. Auch weiterhin werde ich zu Gott beten, dass er Euch immer bei bester Gesundheit erhält. Dir kann ich nicht genug danken für all die Fürsorge und Liebe, die Du den Kindern angedeihen läßt. Wie glücklich werden wir doch leben, wenn ich wieder daheim bin.
Auch für Deinen lieben Brief vom zwanzigsten November danke ich Dir nochmals. Du hattest darin so nett von den Kindern geschrieben. Jeder Brief von Dir bringt mir ein Stück der mir so lieben Heimat in diese Einsamkeit. Mir geht es gesundheitlich unverändert gut.
Von Tante Steinbart erhielt ich diese Woche einen Brief, sie läßt meine Mutter herzlich grüßen. Auch Dr. Sundermeier hat mir einen netten Brief geschrieben. Er ist jetzt in Breslau und noch nicht ganz gesund. Er hat bei seiner Krankheit doch noch Glück gehabt.
Hoffentlich bin auch ich bald wieder in der Heimat. An die Kinder bestelle bitte die allerherzlichsten Grüße, ebenso den Eltern und meiner Mutter. Dir tausend Küsse von Deinem Kurt
Karte vom 6.4.44
Meine liebe Christel!
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom heiligen Abend, für den ich Dir herzlich danke. Wie gerne wäre ich gerade an diesem Abend bei Euch gewesen! Nach dem Brief zu urteilen, haben die Kinder doch rechte Weihnachtsfreude gehabt. Ach ja, wie gerne würde ich jetzt mal Püppi sehen, sie muß doch zu putzig sein. Ich hoffe, dieses Weihnachten bestimmt bei Euch zu sein. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern und meine Mutter. Dir tausend Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 10.4.44
Meine liebe Christel!
Die Ostertage habe ich bei bester Gesundheit erlebt und eine besondere Freude hatte ich, weil ich fünf Briefe und ein Päckchen von Dir erhielt. Ich danke Dir herzlichst dafür. Der Kuchen ist sehr gut erhalten und schmeckt vorzüglich.
So sehr ich mich freue, Kuchen aus der Heimat zu essen, den Du zubereitet hast, bitte ich Dich nochmals, mir keinerlei Päckchen zu schicken. Unser Bäcker backt auch sehr gute Kuchen! Für die Zeilen der Kinder danke ich ganz besonders. Grüße bitte alle drei herzlichst von mir. Meine Gedanken sind immer bei Euch. Auch von meiner Mutter erhielt ich heute einen Brief mit Bild. Grüße auch sie herzlich von mir. Über das Bild freue ich mich. Muttchen ist scheinbar sehr gealtert.
Auch von Tante Henriette herzliche Grüße an sie. Von ihr habe ich auch Post erhalten. In einiger Sorge bin ich nur, weil Muttchen mir schreibt, dass Püppi krank ist. Hoffentlich ist sie wieder gesund.
Ich habe hier noch keinen ?? Kameraden aus der Heimat getroffen. Hoffentlich schlägt bald die Stunde unserer Freiheit und wir können ein frohes Wiedersehen in der Heimat feiern. Vom Roten Kreuz erhalten wir viel Zigaretten und Tabak. Es freut uns, dass die Heimat so viel für uns übrig hat.
Herzliche Grüße an die Eltern.
Dir viele, viele Küsse von Deinem Kurt
Karte vom 20.4.44
Meine liebe Christel!
Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom letzten Januartag. Für alle Grüße danke ich und bitte Dich, sie zu erwiedern. Ich bin in Unruhe wegen Püppi. Hoffentlich ist alles gut geworden. Im vorherigen Brief, den Du drei Wochen vorher geschrieben hattest, wolltest Du sie schon am nächsten Tag aus dem Krankenhaus abholen. Demach muß noch etwas dazugekommen sein.
Mir geht es gut. Den Kindern viele Grüße. Dir heiße Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 24.4.44
Meine liebe Christel!
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief mit den beiden Bildern. Ich danke Dir herzlich dafür. Du glaubst nicht, wie ich mich über jedes Bild freue. Ich muß nur immer staunen, wie groß die Kinder geworden sind. Auch unsere Jüngste ist ja schon ein großes Mädel.
Alle seht ihr gut auf den Bildern aus. Du trägst eine andere Frisur? Du siehst dadurch gut und jünger aus! Nur dass Püppi so sehr krank war, tut mir ja so leid. Hoffentlich hat sie die Krankheit ohne Nebenwirkungen gut überstanden. Grüße sie von mir ganz besonders herzlich. Ich kann es mir vorstellen, wie schwer die Zeit der Trennung für Dich war. Wie stellten sich die beiden Großen dazu? Auch an sie bestelle herzliche Grüße. Ich erwarte, dass ich über sie nur Gutes höre. Für Dich wird die Erziehung der Kinder auch immer schwerer, je größer sie werden. Jedoch kann ich Dir darin jetzt nicht helfen, so gerne ich es auch möchte.
Der Tag, glaube ich, ist nicht mehr fern, wo ich wieder bei Euch bin. An alle herzliche Grüße. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Karte vom 27.4.44
Meine liebe Christel!
Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief, den Du an meinem Geburtstag geschrieben hast. Ich danke Dir herzlich dafür. Für alle Grüße danke ich und bitte, dieselben zu erwiedern. Wie ich den Tag erlebt habe, schrieb ich Dir ja bereits. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Hoffentlich ist es zu Hause ebenso. Herzliche Grüße an die Eltern und meine Mutter. Dir und den Kindern viele Grüße und Küsse. Kurt
Karte vom 4.5.44
Meine liebe Christel!
Viele herzliche Grüße will ich Dir und den Kindern heute senden. Durch menschliche Willkür zur Zeit von Euch getrennt, sind doch meine Gedanken immer in der Heimat. Mein jetziges Leben wäre trostlos, wenn nicht der Glaube an ein freies und starkes Deutschland wäre. Gesundheitlich geht es mir gut. Viele Küsse. Dein Kurt
Karte vom 12.5.44
Meine liebe Christel!
Heute will ich Dir wieder Grüße senden und Dir sagen, dass es mir gesundheitlich gut geht. Ich bin jetzt in einer Kompanie, in der nur Unteroffiziere sind und da ist mit der Post eine kleine Stockung eingetreten. Den Tag vertreibe ich mir mit Essen, Schlafen und Sport. Einen Tag in der Woche mache ich zum Waschtag.
Herzliche Grüße an die Kinder. Dir viele Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 15.5.44
Meine liebe Christel!
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom dritten April, für den ich Dir herzlich danke. Ich ersehe daraus, dass zu Hause alles gesund ist. Ist auch Püppi wieder ganz auf dem Posten? Oder kränkelt sie noch? Auch mir geht es gesundheitlich unverändert gut. Nur ist es in letzter Zeit sehr heiß. Abends ist immer die schönste Luft. Diese Stunden werden von uns zu Spaziergängen längs des Stacheldrahtes ausgenutzt. Von Edit erhielt ich heute ebenfalls einen Brief. Ich freue mich immer, wenn ich aus der Heimat Post erhalte und daraus ersehe, dass alles in bester Ordnung ist. Im März habt Ihr ja viel Besuch gehabt und damit auch viel Abwechslung. Bei uns ist dies leider nicht der Fall. Aber auch diese Zeit geht vorüber. Heute sehe ich die Welt mit anderen Augen an. Ich habe mich in meinem ( ? ) nicht geändert. Auch heute kann ich Dir nur wieder versichern: Es gibt nur ein Deutschland! Gott schütze alle Führer unserer lieben Heimat! Am Horizont leuchtet das Morgenrot eines herrlichen Tages. Leider muß ich noch untätig zusehen. Herzliche Grüße an die Kinder. Dir viele Küsse, Dein Kurt
Brief vom 22.5.44
Meine liebe Christel!
Am Sonnabend erhielt ich wieder einen lieben Brief von Dir, für den ich Dir herzlich danke. Ich freue mich, dass zu Hause wieder alles gesund ist. Der letzte Brief ist nur sechs Wochen unterwegs gewesen. Heute erhielt ich wieder einen Brief von Tante Steinbart. Sie läßt Dich, sowie die Kinder herzlich grüßen. Bestelle auch an meine Mutter herzliche Grüße von ihr. Schicke mit doch bitte im nächsten Brief ein Bild von meinem letzten Urlaub, auf dem wir mit meiner Mutter drauf sind.
--- geschwärzt---
Wenn Du wieder eine Aufnahme von Euch hast, schicke bitte wieder welche. Du wirst Dir denken können, wie ich mich darüber freue. Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Zu Hause habt ihr jetzt bestimmt auch schon schönes Wetter. Hier ist es schon sehr heiß. Ich bin schon sehr eingebrannt. Heute Nacht hatten wir starkes Gewitter und da hat es sich etwas abgekühlt. Es ist gleich viel angenehmer. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten und Bekannten. Dir viele Grüße und Küsse. Dein Kurt
Brief vom 29.5.44
Meine liebe Christel!
Heute habe ich von Dir zwei liebe Briefe erhalten, für die ich Dir herzlichst danke. Bisher habe ich zwanzig Briefe von Dir erhalten, wovon jeder ein Stück Heimat für mich bedeutet. Der neueste Brief ist vom Palmmontag (?). Am meisten freut es mich, dass Püppi wieder gesund ist. Um sie war ich lange in Sorge, denn ich erhielt mehrere Briefe, in denen Du mir geschrieben hattest, dass sie im Krankenhaus ist, jedoch nichts Näheres.
Mir geht es gesundheitlich unverändert gut. An unserem Verlobungsgedenktag erhielt ich von Tante Steinbart ein Paket mit Kuchen und Süßigkeiten. Darüber habe ich mich auch sehr gefreut.
Schicke mir doch bitte ein Bild von meinem letzten Urlaub, auf dem wir fünf und meine Mutter darauf sind. Auch von Edith erhielt ich diese Woche einen Brief. In letzter Zeit bin ich mit der Post ganz zufrieden, nur könnte sie schneller gehen. Mit Luftpost dauerts fast noch länger als einfache Briefe.
Herzliche Grüße an die Kinder, meine Mutter, die Eltern und alle Verwandten und Bekannten. Dir, mein Lieb, sendet besonders herzliche Grüße und viele Küsse Dein Kurt
Karte vom 7.6.44
Meine liebe Christel!
Vorerst will ich Dir mitteilen, dass es mir gesundheitlich gut geht. Es freut mich, dasselbe auch aus Deinen Briefen zu hören. Wie gerne wäre ich jetzt in der Heimat. Aber ich habe vollstes Vertrauen, dass es zu einem glorreichen Ende kommt. Laßt Euch durch nichts beirren, habt nur das große Ziel vor Augen. Es lebe unser Vaterland. Herzliche Grüße und viele Küsse, Dein Kurt
Brief vom 12.6.44
Meine liebe Christel!
Heute erhielt ich zwei liebe Briefe von Dir, für die ich Dir herzlich danke. Eines war der Brief vom Osterfest. Ich freue mich, dass es Euch allen gut geht. Von mir kann ich Dir sagen, dass es mir gesundheitlich gut geht. Wie gerne würde ich auch einmal nach Hause kommen, damit Püppi mich kennen lernte. Hoffentlich braucht sie nicht zu lange darauf warten. Ich muß sehr oft an sie denken. Wenn ich nach Hause komme, sind die Kinder schon alle groß. Dass auch Edit schon so groß ist, kann ich kaum begreifen. Ich kann es mir vorstellen, dass sie in dunkelblauer Uniform gut aussieht. Schicke mir doch bitte ein Bild, auf dem unsere beiden Ältesten in Uniform sind. Ich bin außerordentlich stolz auf unsere Kinder. Erziehe sie zu dem festen Glauben an unser Deutschland. Das Vaterland ist alles. Es lohnt sich, dieser Überzeugung sein Leben zu weihen. Alles bisher vergossene Blut ist nicht vergebens geopfert. Es wird wieder Frucht tragen. Ein tragisches Schicksal hat mich vorzeitig ausgeschaltet.
Herzlichste Grüße an die Kinder, meine Mutter, Deine Eltern und alle anderen. Dir viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 26.6.44
Meine liebe Christel!
Ich warte wieder sehr auf einen lieben Brief von Dir. Die Briefe sind für mich ja die einzige Brücke zur Heimat. Zwar könnten es auch die Gedanken sein, die immer bei Euch weilen, doch ist ein Brief etwas greifbares und etwas, das vor mehreren Wochen auf unserem Tisch unter Deinen Händen gelegen hat. Siehst Du, deswegen ist ein Brief ein Stück Heimat für mich!
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Nun will ich Dir einmal meinen Tagesablauf berichten. Um 6 Uhr ist Wecken, eine halbe Stunde später Frühstück. Nachdem die Zählung vorüber ist, habe ich bis zum Mittag 5 Stunden Zeit, die mit Lesen, Radiohören, Schwitzen und Brausen ausgefüllt werden. Nach dem Mittagessen wird das Schwitzen in erhöhtem Maße fortgesetzt. Trotzdem spiele ich nachmittags Tischtennis und Faustball. Der Sonntag macht insofern eine Ausnahme in dem Einerlei, als eine Stunde später Wecken ist und Vormittag deutscher Gottesdienst ist. Nur selten versäume ich diese Stunde der Einkehr. Fast in jeder Woche bekommen wir einen amerikanischen Film zu sehen, jedoch bin ich bisher noch von keinem begeistert gewesen. Im Radio gibt es viel deutsche Musik.
Viele herzliche Grüße an die Kinder, meine Mutter, die Eltern und alle Verwandten. Dir viele heiße Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 3.7.44
Meine liebe Christel!
In dieser Woche erhielt ich zwei liebe Briefe von Dir, einen von Edit’s Geburtstag, den anderen von Ende April. Ich danke Dir herzlichst dafür. Auch Werners Brief erhielt ich. Ich freue mich sehr über sein Zeugnis und sein Bild. Ich werde ihm eine Karte schreiben. Vor allem freut es mich immer wieder zu hören, dass es Euch allen gut geht. Auch mir geht es den Umständen entsprechend gut.
Wie bei uns die Witterung ist, wirst Du Dir vorstellen können, wenn ich Dir sage, dass wir auf dem selben Breitengrad leben, auf dem Kairo liegt. Die Sonne steht fast senkrecht über uns. Der Sand ist so glühend heiß, dass es unmöglich ist, darauf barfuß zu laufen. Beim Nichtstun läuft der Schweiß in Strömen, obwohl wir nur mit einer Sporthose bekleidet gehen.
Jetzt ist es fast 3 Jahre, dass ich in diesem Klima leben muß. Zwar ist für uns Nordländer die Sehnsucht nach dem Süden immer groß gewesen, jedoch denken wir dabei an den warmen Süden, aber nicht an die Folgen. Froh bin ich darüber, dass mich bisher die Malaria oder das Gelbfieber erwischt hat, vielmehr nicht erwischt hat. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir recht bald in ein Klima kommen würden, das dem unseren angepaßt wäre. Am liebsten wäre mir der Aufenthalt in Deutschland. Vom Ausland habe ich für die Zeit meines Lebens hinreichend genug!
Herzliche Grüße an die Kinder und alle Verwandten. Dir sendet viele Grüße und heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 17.7.44
Meine liebe Christel!
Gleich zu Beginn will ich Dir mitteilen, dass es mir gesundheitlich zufriedenstellend geht. Diesen Brief muß ich im Bett schreiben, denn seit Donnerstag liege ich im Lazarett mit Hämorrhoiden (?). Am Sonnabend wurde ich operiert und fühle mich heute schon ganz wohl. Nur ist es sehr langweilig.
Von meiner Mutter erhielt ich Sonnabend zwei Briefe. In einem war ein Bild, davon ich jedoch schon eines habe. Von Dir bekomme ich in letzter Zeit wenig Post. Es wird hoffentlich wieder besser werden. Edit’s Zeugnis habe ich bisher noch nicht erhalten. Aber von Dr. Sundermeier erhielt ich wieder einen Brief. Er schrieb mir, dass er seit Februar verheiratet ist und auch schon für die Erbfolge gesorgt hat. Auch von Tante Steinbart bekam ich wieder Post. Sie ist gesund und läßt Euch alle grüßen, besonders meine Mutter. Kurt wird noch in der Normandie sein. Vielleicht auch irgendwo im Großdeutschen Reich. Also mache Dir bitte meinetwegen keine Sorgen, ich bin im Lazarett gut aufgehoben. Ich werde von deutschen Ärzten und Sanitätern betreut. Krankenschwestern sind auch hier! Es geht mir bestimmt gut. Herzliche Grüße an die Kinder. Viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 24.7.44
Meine liebe Christel!
Heute kann ich Dir schon mitteilen, dass es mir gesundheitlich wieder gut geht. In wenigen Tagen werde ich aus dem Lazarett entlassen. Ich habe keine Schmerzen mehr und nur noch ganz geringe Beschwerden. Die Operation habe ich mir schwieriger vorgestellt, vor allem die darauf folgenden Tage. Im Leben geht alles vorüber und so hat nicht nur die Krankheit, sondern auch die ganze Gefangenschaft einmal ein Ende. Ich hoffe, dass dieser Tag nicht mehr gar so fern ist.
Vor einem Jahr habe ich am Geburtstag meiner Mutter ein Stück vom grünen Europa gesehen, denn da kamen wir in Schottland an. Wann sehe ich wieder ein Stück vom alten Erdteil? Manchmal will mich die Sehnsucht fast erdrücken. Um es erfassen zu können, was die Heimat ist, muß man erst längere Zeit von ihr getrennt sein. Steht die Birke noch vor unserem Haus? Ich muß oft daran denken.
Und wie geht es den Kindern und Dir selbst? Wenn Du diesen Brief erhältst, ist der Sommer längst vorbei und der Winter steht vor der Tür. Grüße bitte alle, alle von mir, ganz besonders unsere Kinder. Dir sendet viele, viele Grüße und tausend heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 26.7.44
Meine liebe Christel!
Heute kann ich Dir schon mitteilen, dass ich heute früh aus dem Lazarett entlassen bin und alles wieder in bester Ordnung ist. Die vierzehn Tage sind schnell vergangen und ich fühle mich wieder frisch und munter. Von Dir bekomme ich jetzt wieder selten Post, jedoch bin ich überzeugt, dass Ihr gesund seid. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern und meine Mutter. Viele Küsse von Deinem Kurt
Karte vom 6.8.44
Lieber Sohn!
An Deinem heutigen Geburtstag sind meine Gedanken besonders bei Dir. Seitdem ich Dich das letzte Mal sah, sind fast zwei Jahre verstrichen und vieles hat sich inzwischen für mich geändert. Du bist in dieser Zeit ein großer Junge geworden und ich erwarte, dass Du auch entsprechend vernünftig bist. Ich wünsche Dir weiterhin beste Gesundheit und gute Fortschritte in der Schule. Werde vor allem ein rechter deutscher Junge! Herzliche Grüße, auch an Mutti, Edit und Christel, Dein Papa
Brief vom 9.9.44
Meine liebe Christel!
Wieder einmal jährt sich der Tag, an dem wir uns für die Zeit unseres Lebens die Treue vor Gott und dem Gesetz gelobten. Wenn ich heute über die vergangenen vierzehn Jahre nachdenke, kann ich nur festhalten, dass mir das Einhalten dieses Versprechens nie schwergefallen ist. Obwohl ich der Verführung nie feige ausgewichen bin, habe ich doch immer eine gewisse Grenze zu ziehen gewußt. Dass dieses so war, liegt nur daran, dass ich immer einen Vergleich zwischen Dir und der betreffenden Frau zog. Jedes Mal kam ich zu dem Ergebnis, dass ich keine Frau Dir zur Seite, geschweige denn über Dich stellen konnte. Ebenso ist auch schon der bloße Gedanke daran, dass Du mir jemals untreu werden könntest, eine Beleidigung für Deinen lauteren Charakter. Unsere Verlobungszeit hat es mir tausendfach bestätigt. Ich weiß, wie schwer auch Dir die lange Zeit unserer Trennung fällt, doch leider können wir nichts daran ändern, sondern uns der festen Hoffnung hingeben, dass wir uns gesund an Körper und Geist wohl recht bald wiedersehen. Täglich bitte ich zu Gott darum.
Bestelle herzliche Grüße an unsere Kinder, die der Inhalt unseres Lebens sind. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 4.10.44
Meine liebe Christel!
Gestern erhielt ich zwei liebe Briefe von Dir, der jüngste war vom Geburtstag meiner Mutter. Ich danke Dir herzlich dafür. Ich freue mich, dass Ihr gesund seid. Auch mir geht es gesundheitlich gut. Wenn Du diesen Brief erhältst, ist es schon Weihnachtszeit. Ich möchte Dir und den Kindern die herzlichsten Wünsche zum Fest der Liebe senden. Verlebt die Tage bei bester Gesundheit und in schönster Harmonie. Ich habe gehofft, dass wir diesen Tag gemeinsam verleben würden, doch hat Gott es anders bestimmt. Ihr werdet es nicht ganz erfassen können, wie sehr Heimweh am Menschen zehren kann. Rings von Stacheldraht umgeben und von schußbereiten Gewehren bewacht, werde ich zum zweiten Male Weihnachten verleben. Doch meine Gedanken werden zu Euch fliegen und die deutsche Tanne sehen, wenn ihre Lichter Euch leuchten. Dann dankt Gott, dass Ihr deutsche Weihnacht in der Freiheit verleben könnt und denkt ein wenig an mich, den das Heimweh fast verzehrt. Der Herrgott aber festige in uns allen den unerschütterlichen Glauben an unser herrliches Deutschland!
Herzliche Grüße an unsere Kinder, auf die ich besonders stolz bin, wenn Du mir soviel Gutes von ihnen schreibst. Dir viele Küsse in heißer Sehnsucht, Dein Kurt
Brief vom 14.10.44
Meine liebe Christel!
Deinen lieben Brief vom dritten August habe ich erhalten und danke Dir herzlich dafür. Es freut mich, dass zu Hause alles gesund ist. Auch mir geht es gesundheitlich unverändert gut. Dass die Obsternte in diesem Jahr gut ist, ist besonders erfreulich, gibt es dadurch doch viele Möglichkeiten in der Ernährungsfrage. Glaube mir, ich vergesse keinen Gedenktag, oder Tage, die der Erinnerung wert sind, auch wenn sie noch solange zurückliegen. Ich habe so viel Zeit zum Nachdenken, dass ich alle diese Stunden bis ins Einzelne nochmals durchlebe. Überhaupt ist mein ganzes Leben hier fast wie im Traum. Und das ist gut so, denn die Wirklichkeit ist sehr nüchtern, um nicht trostlos zu sagen. Allein der Stacheldraht kann mich bis in die tiefsten Tiefen aufwühlen. Die einzigen Lichtblicke sind Deine Briefe, die Erinnerungen und gute deutsche Musik …
--- geschwärzt ---
… dadurch lassen wir uns nicht mürbe machen. Wir glauben an Gott und seine …
--- geschwärzt ---
Grüß mir die Kinder und wache über sie. Dir sendet viele Grüße und heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 18.10.44
Meine liebe Christel!
Habe herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom siebenundzwanzigsten Juli. Ich ersehe daraus, dass Ihr alle gesund seid. Hoffentlich wird es auch bald wieder mit Mutter in Ordnung sein. Bestelle bitte herzliche Grüße an sie! Mir geht es gesundheitlich gut. Auch habe ich die Hoffnung, dass ich bald wieder bei Euch bin. Die Zwischenzeit wird auch vorüber gehen!
Herzliche Grüße an meine Mutter und Vater. Dir und den Kindern herzliche Grüße, Dein Kurt
Brief vom 28.10.44
Meine liebe Christel!
Ich warte schon wieder sehr auf Post von Dir, obwohl ich vor zwei Wochen den letzten Brief von Dir erhielt …
--- geschwärzt ---
Sollte das Schicksal Euch hart anfassen, dann behalte den Glauben an Gott …
--- geschwärzt ---
… wir sind noch nicht zu alt, um uns eine neue Existenz aufzubauen, wenn dieses heiße Ringen vorbei ist. Der alte Gott lebt noch und wird auch die Grenze dieses Krieges zeitlich bestimmen. Irdische Güter sind jederzeit wieder zu erwerben, aber wenn der Glaube …
-- geschwärzt ---
…nur einmal verloren geht, dann ist es ein Riß fürs ganze Leben. Unser Leben wird wieder schön und froh werden, wenn ich wieder daheim bin.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Von Tante Steinbart erhalte ich laufend Post, habe auch schon mehrere Päckchen bekommen. Ich soll Euch alle herzlichst grüßen, besonders meine Mutter.
Von mir herzliche Grüße an die Kinder, meine Mutter, die Eltern und alle Verwandten.
Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 25.11.44
Meine liebe Christel!
Jetzt bei den Vorbereitungen für die Weihnachtstage kommen wieder die Erinnerungen an die vergangenen Zeiten. Waren auch in den ersten Jahren unserer Ehe die Geldmittel nicht so üppig, so ist es mir doch heute, als ob dieses gerade die schönsten Geschenke waren, die wir für uns bereit hatten. Die Freude in des anderen Gesicht über ein verhältnismäßig kleines Geschenk war an sich schon eine Festesfreude. Sehr gerne erinnere ich mich der strahlenden Augen unserer Kinder, als es noch so kleine Kinder waren. Dann anschließend die Fahrt durch den Schnee zum Wasserwerk und dort nochmals eine Weihnachtsfeier, die so recht nach meinem Herzen war.
Die eindrucksvollste Weihnachtsfeier in meinem Leben habe ich wohl im vergangenen Jahr verlebt. Diese Weihnacht werde ich nie vergessen, obwohl die äußeren Begleiterscheinungen, Eis und Schnee, gänzlich fehlten. Tränenden Auges habe ich damals die deutschen Weihnachtslieder gesungen, obwohl uns die vergangenen Jahre härter gemacht hatten. Gebe Gott uns auch für kommende Jahre gute Gesundheit! Herzliche Grüße an die Kinder, meine Mutter und die Eltern. Dir sendet viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 16.12.44
Meine liebe Christel!
Nach langem Warten erhielt ich heute zwei liebe Briefe von Dir, für die ich Dir herzlich danke. Auch ich habe an Deinem Geburtstag immer an den Tag vor vierzehn Jahren denken müssen und gehofft, den fünfzehnten Hochzeitstag in der Heimat zu erleben. Es freut mich vor allem, dass zu Hause alles bei bester Gesundheit ist. Von mir kann ich dasselbe sagen.
Augenblicklich haben wir wieder richtiges Sommerwetter, doch in voriger Woche hatten wir Eis und Schnee. Es war ziemlich stark am Frost. Es war ein komischer Anblick, diese Schneelandschaft, denn vier Jahre hatte ich keine Gelegenheit im Schnee zu laufen.
Du wirst wohl sehr mit Weihnachtsvorbereitungen zu tun haben. Ich bin leider von dieser angenehmen Sorge ausgeschlossen. Tante Steinbart hat mir ein Weihnachtspaket versprochen. Ich soll Euch alle herzlich von ihr grüßen und Euch die besten Weihnachts- und Neujahrswünsche übermitteln. Bitte bestelle dasselbe an meine Mutter. Ich sende herzliche Grüße an die Kinder, meine Mutter, die Eltern und alle Verwandten und Bekannten. Dir viele Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 6.1.45
Meine liebe Christel!
In dieser Woche erhielt ich drei liebe Briefe von Dir, für die ich Dir herzlich danke. Ein Brief war von Christels Geburtstag und der neueste vom letzten Septembertag. Du hast scheinbar lange Zeit keine Post von mir erhalten, doch das liegt nicht an mir, denn ich schreibe Dir jede Woche mindestens einmal.
Am Neujahrstag erhielt ich von Tante Steinbart drei Päckchen. Eines mit Walnüssen, eines mit einem Fruchtkuchen und eines mit Kleingebäck und Süßigkeiten. Ich habe mich darüber sehr gefreut. Von Kurt Schwarz erhielt ich auch einen sehr langen Brief. Er hat mir wieder alles geschrieben, was in letzter Zeit passiert ist. Scheinbar geht zu Hause alles seinen gewohnten Gang. Wie er mir schreibt, würde er gerne wieder nach Marienburg zurückziehen. Ich kann mir das schon denken. Nach dem Krieg wird es auch für ihn besser sein.
Mir geht es gesundheitlich unverändert gut. Ich treibe nach wie vor viel Sport. Haupt-sächlich spiele ich viel Fuß- und Faustball, nur macht uns jetzt das Wetter oft einen Strich durch die Rechnung, denn auch hier ist Winter mit Schnee und Frost. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten und Bekannten. Dir sendet viele Küsse Dein Kurt
Brief vom 13.1.45
Meine liebe Christel!
Wieder ist ein Lebensjahr vergangen und ich kann wohl sagen, dass es ein verlorenes Jahr gewesen ist. So vollkommen unproduktiv, so vollkommen sinnlos. Da ist nichts mehr nachzuholen und nichts mehr gut zu machen, auch wenn ich die kommenden Jahre noch so schaffe. Ich möchte die Jahre der Gefangenschaft als einen Diebstahl an der Lebenszeit bezeichnen. Es gibt da mitten im Leben ein Loch, das öde und sinnlos ist. Nicht einmal Lebenserfahrung kann der Mensch dabei sammeln, weil die ganze Umgeburg, sei es die Landschaft oder auch die Menschen, etwas aufgezwungenes sind. Das ganze Denken gründet nur in der Vergangenheit, da die Gegenwart für uns ja nicht besteht. Der einzige Lichtblick ist für mich der unerschütterliche Glaube an die Zukunft. Wie lange wird dieser Zustand noch anhalten? Ich glaube fest daran, dass er noch dieses Jahr beendet ist und wir wieder als freie Männer in ein freies, starkes Vaterland zurückkehren können.
Gesundheitlich geht es mir unverändert gut. Augenblicklich haben wir schönstes Frühlingswetter. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern und meine Mutter, sowie alle Verwandten und Bekannten. Dir sendet viele heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 3.2.45
Meine liebe Christel!
In letzter Zeit erhalte ich recht viel Post von Dir. So auch heute wieder einen Brief. Ich danke Dir herzlich dafür. Vor allem freut es mich, dass Ihr alle gesund seid. Auch mir geht es gesundheitlich sehr gut. Ich mache mir einige Sorgen um Euer jetziges Schicksal, doch hoffe ich, dass alles in Ordnung ist und Ihr rechtzeitig den Wohnort gewechselt habt. Ich hoffe, dass wir das Schwerste überstanden haben, bis Du diese Karte erhältst. Viele herzliche Grüße an die Kinder und alle Lieben. Dir sendet viele heiße Küsse Dein Kurt
Karte vom 10.2.45
Meine liebe Christel!
Ich danke Dir herzlich für die reichlichen Briefe, der Neueste ist vom 11. Dezember. Es tut mir sehr leid, dass Du so wenig Post von mir bekommst. An mir liegt es bestimmt nicht. Auch meiner Gesundheit wegen sind alle Deine Sorgen unbegründet, denn es geht mir bestimmt gut. Wenn es nicht so wäre, könnte ich nicht den vielen Sport treiben. Was auch kommen mag, verliere nicht den Mut. Der alte Gott lebt noch! Herzliche Grüße an die Kinder. Dir viele Küsse von Deinem Kurt
Brief vom 14.2.45
Meine liebe Christel!
Habe herzlichen Dank für Deine Briefe, die ich in letzter Zeit reichlich erhalte. Auch von Werner, Edit, meiner Mutter, Elsbeth, Erna und vielen anderen habe ich Post erhalten. Über das Bildchen von Edit habe ich mich besonders gefreut. Ist das ein hübsches Mädel geworden! Vor zukünftigen Schwiegersöhnen kann ich mich kaum retten. Ich werde noch diese Woche an sie schreiben. Wo mögt ihr jetzt wohl sein? Ich bin in Sorge um Euch! Schreibe mir bitte ausführlich, wie es Euch ergangen ist. Es wird für Euch jetzt schwer sein und viele Entbehrungen geben
--- abgeklebt ---
Denk nur an die Familien, die viel mehr als wir verloren haben. Eine schwere Prüfung ist es, der wir unterzogen werden, aber wenn wir diese bestehen, kann der Enderfolg nicht ausbleiben. Erhaltet Euch nur gesund, für die Zukunft werden wir wieder gemeinsam schaffen. Was Menschen zerstören, können sie auch wieder aufbauen! Gottes Segen wird nicht ausbleiben. Mir geht es gesundheitlich gut. Herzliche Grüße an die Kinder, die Eltern, meine Mutter und alle Verwandten. Dir sendet viele heiße Küsse Dein Kurt
Brief vom 20.4.46
Meine liebe, liebe Christel!
Endlich ist es mir wieder erlaubt, an Dich zu schreiben. Ich weiß, dass Du schon sehr auf einen Brief wartest. Ich erhielt von Dir aus Edemissen zwei Briefe, den letzten vom Weihnachtstag und danke Dir von Herzen dafür. Auch von Werner erhielt ich einen Brief.
Um Euer Schicksal war ich in großer Sorge, zumal ich zur Untätigkeit verdammt war, Euch in irgendeiner Weise zu helfen. Die größte Sorge war die, dass Euch irgendein körperliches Leid geschehen könnte. Wie ich aus Deinen Briefen ersehe, seid Ihr gesund, und dass ist wohl das Wichtigste.
Dass Du schwer arbeiten mußt, erkenne ich aus Deinen Briefen. Und dieses schmerzt mich am meisten. Überhaupt lese ich aus Deinen Briefen viel mehr heraus, als Du geschrieben hast. Deine ganze Last und Sorge erkenne ich, wenn ich die Briefe nur ansehe. Wenn ich wieder bei Euch bin, will ich Dir diese Last alle abnehmen. Wann das sein wird, ja das weiß ich noch nicht, doch ich hoffe, dass es nicht mehr zu lange dauern wird.
Gesundheitlich geht es mir gut. Viele herzliche Grüße an die Kinder u.d. Mutter. Dir viele, viele Küsse von Deinem Kurt
Karte vom 14.3.46
Lieber Sohn!
Eben erhielt ich Deinen lieben Brief vom 30.12., für den ich Dir herzlich danke. Ich freue mich, dass es Euch gesundheitlich gut geht. Auch mir geht es gesundheitlich gut. Auch erwarte ich die Heimkehr sehnlichst, doch ist noch keine Aussicht vorhanden. 3 Jahre bin ich bereits hinter Stacheldraht und das reicht mir längst. Ich danke Dir besonders für das Bild. Du bist inzwischen fast ein Mann geworden. Viele Grüße auch an Mutti und Schwestern. Dein Papa
Brief vom 27.5.46
Meine liebe Christel!
Heute sind 18 Jahre seit unseres Verlobungstages vergangen und ich sitze tausende Meilen entfernt von Dir. Wie glücklich waren wir damals und was haben wir alles vom Leben erhofft. Gewiß, wir haben viele Jahre gemeinsam verlebt. Ich kann wohl sagen, dass wir glücklich waren und es auch wieder sein werden, wenn ich wieder daheim bin. Nicht die Armut soll uns unglücklich machen, denn dafür sind wir noch zu jung. Wir fangen wieder von vorne an. Gott wird mit uns sein.
Wie mag es Euch wohl jetzt gehen? Mir geht es gesundheitlich gut. Augenblicklich arbeite ich in meinem Beruf. Der letzte Brief, den ich erhielt, war von Werner vom 30.12..
Wann ich wieder zu Hause sein werde, kann ich noch nicht sagen. Ob es noch in diesem Jahr sein wird, ich weiß es nicht! Wie geht es Deiner Mutter? Bestelle bitte beste Grüße an sie. An Werner, Edit und Klein-Christel herzliche Grüße. Dir viele Grüße und Küsse von Deinem Kurt